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Gericht: Hessischer Verwaltungsgerichtshof
Beschluss verkündet am 08.09.2000
Aktenzeichen: 11 NG 2500/00
Rechtsgebiete: HSOG, VwGO


Vorschriften:

HSOG § 71
HSOG § 72
VwGO § 47 Abs. 6
1. Zum Anordnungsgrund nach § 47 Abs. 6 VwGO (wesentliche Nachteile, andere wichtige Gründe).

2. § 71 HSOG ist eine ausreichende gesetzliche Grundlage für ein Verbot der Haltung gefährlicher Hunde mit Erlaubnisvorbehalt durch Gefahrenabwehrverordnung. Die für den Erlass einer solchen Verordnung notwendige abstrakte Gefahr ergibt sich aus der begründeten Befürchtung, dass solche Hunde auch von Personen gehalten werden, die nicht die Gewähr für ein gefahrloses Verhalten der Tiere bieten.

3. Ein hinreichender Grund für eine Differenzierung zwischen den in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 der Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen gefährlicher Hunde unwiderleglich als gefährliche Hunde (Kampfhunde) definierten Hunderassen und den in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 dieser Verordnung aufgeführten Hunderassen ist - auch im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte dieser Vorschriften - derzeit nicht ersichtlich.


Gründe:

I.

Die Antragsteller sind Hundehalter. Die Antragsteller zu 1. bis 20. haben sich zunächst mit Normenkontrollanträgen und Eilanträgen nach § 47 Abs. 6 VwGO gegen die Gültigkeit und gegen den Vollzug der Gefahrenabwehrverordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (KampfhundeVO) vom 5. Juli 2000 (GVBl. I S. 355) gewandt. Diese am 14. Juli 2000 verkündete Verordnung enthielt unter anderem folgende Regelungen:

§ 1 Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit

Als Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (Kampfhunde) im Sinne dieser Verordnung gelten die folgenden Rassen und Gruppen von Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden:

1. American Pitbull Terrier oder Pit Bull Terrier,

2. American Stafford Terrier oder American Staffordshire Terrier,

3. Staffordshire Bullterrier,

4. American Bulldog,

5. Bandog,

6. Bullmastiff,

7. Bullterrier,

8. Bordeaux Dogge, Dogue de Bordeaux,

9. Dogo Argentino,

10. Fila Brasileiro,

11. Kangal (Karabash),

12. Kaukasischer Owtscharka,

13. Mastiff,

14. Mastin Espanol,

15. Mastino Napoletano,

16. Tosa Inu.

§ 2 Verbot der Haltung

Die Haltung eines Kampfhundes bedarf der Erlaubnis. Diese wird nur erteilt, wenn ein berechtigtes Interesse für die Haltung nachgewiesen wird und ein Antrag auf Erteilung der Erlaubnis bis zum 15. August 2000 schriftlich bei der nach § 5 zuständigen örtlichen Ordnungsbehörde gestellt wird.

§ 3 Führen und Halten von Kampfhunden

(1) Ein Kampfhund darf außerhalb des eingefriedeten Besitztums sowie in Häusern mit mehreren Wohnungen außerhalb der Wohnungen der Hundehalterin oder des Hundehalters nur an der Leine und mit Maulkorb geführt werden. Die Person, die den Hund führt, muss das 18. Lebensjahr vollendet haben sowie körperlich und geistig in der Lage sein, den Hund sicher zu führen.

(2) Grundstücke und Zwinger, auf oder in denen ein Kampfhund gehalten wird, sind so einzuzäunen und zu sichern, dass Personen außerhalb dieser Grundstücke und Zwinger nicht gefährdet werden können, insbesondere ein Entweichen des Kampfhundes ausgeschlossen ist. Bei jedem Zugang zu ihrem oder zu seinem Besitztum oder zu ihrer oder zu seiner Wohnung hat die Halterin oder der Halter ein leuchtend rotes Warnschild im Mindestformat 15 mal 21 Zentimeter mit der deutlich lesbaren Aufschrift "Vorsicht, gefährlicher Hund! " anzubringen.

(3) Kampfhunde sind zu kastrieren oder zu sterilisieren.

§ 4 Zucht-, Handels- und Erwerbsverbot

Zucht, Kreuzung, Handel, Erwerb sowie die Abgabe von Kampfhunden sind verboten. Zulässig bleibt die Abgabe an und die Annahme durch Tierheime in gemeinnütziger Trägerschaft sowie durch Inhaber einer Erlaubnis nach § 2.

...

§ 7 In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

(1) Die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Hunden vom 15. August 1997 (GVBl. I S. 279) bleibt unberührt.

(2) Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft und am 31. Dezember 2004 außer Kraft.

Diese Gefahrenabwehrverordnung ist im Laufe des von den Antragstellern zu 1. bis 20. betriebenen Normenkontrollverfahrens durch die am 25. August 2000 verkündete Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von gefährlichen Hunden (Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde) vom 15. August 2000 (GVBl. I S. 411) ersetzt worden. Diese Verordnung hat folgenden Wortlaut:

Aufgrund des § 72 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung vom 31. März 1994 (GVBl. 1 S. 174, 284), zuletzt geändert durch Gesetz vom 22. Mai 2000 (GVBl. 1 S. 278), wird für das Land Hessen verordnet:

§ 1

Halten und Führen von Hunden

(1) Hunde sind so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht.

(2) Wer außerhalb des eingefriedeten Besitztums der Halterin oder des Halters einen Hund führt oder laufen lässt, hat diesem ein Halsband anzulegen, auf dem oder an dem Name und Anschrift der Halterin oder des Halters anzugeben sind; besteht ein Telefonanschluss, ist auch die Telefonnummer anzugeben.

(3) Gefährliche Hunde darf nur halten, wer über eine Erlaubnis nach § 14 verfügt, insbesondere die notwendige Sachkunde und Zuverlässigkeit besitzt sowie das 18. Lebensjahr vollendet hat; § 14 Abs. 3 Satz 1 bleibt unberührt.

(4) Die zuständige Behörde kann jedermann das Halten und Führen von Hunden dauerhaft untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass davon eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht.

§ 2

Gefährliche Hunde

(1) Gefährlich sind Hunde, bei denen aufgrund rassespezifischer Merkmale oder Zucht eine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren anzunehmen ist. Bei den folgenden Rassen und Gruppen von gefährlichen Hunden sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden werden die in Satz 1 genannten Eigenschaften

1. unwiderleglich vermutet (Kampfhund):

a) American Pitbull Terrier oder Pit Bull Terrier, b) American Stafford Terrier oder American Staffordshire Terrier, c) Staffordshire Bullterrier;

2. solange vermutet, bis der zuständigen Behörde für den einzelnen Hund durch eine Begutachtung des Hundes (Wesensprüfung) durch einen geeigneten Sachverständigen oder eine geeignete sachverständige Stelle nachgewiesen wird, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist:

a) American Bulldog, b) Bullmastiff, c) Bullterrier, d) Bordeaux Dogge, Dogue de Bordeaux, e) Dogo Argentino, f) Fila Brasileiro, g) Kangal (Karabash), h) Kaukasischer Owtscharka, i) Mastiff, j) Mastin Espanol, k) Mastino Napoletano, l) Tosa Inu.

(2) Gefährlich sind auch die Hunde, die

1. durch Zucht, Haltung, Ausbildung oder Abrichtung eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust, Schärfe oder eine andere in ihren Wirkungen vergleichbare mensch- oder tiergefährdende Eigenschaft besitzen,

2. einen Menschen gebissen oder in Gefahr drohender Weise angesprungen haben, sofern dies nicht aus begründetem Anlass geschah,

3. ein anderes Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst angegriffen worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben oder

4. durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert andere Tiere hetzen oder reißen.

§ 3

Sachkunde

(1) Sachkundig ist eine Person, die über die Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, einen Hund nach § 2 so zu halten und zu führen, dass von diesem keine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Der Nachweis der Sachkunde ist durch eine Sachkundebescheinigung eines geeigneten Sachverständigen oder einer geeigneten sachverständigen Stelle zu erbringen.

(2) Die Sachkundebescheinigung gilt jeweils nur in Verbindung mit dem Hund nach § 2, für den sie erworben worden ist.

(3) Die in einem anderen Land erworbene Sachkundebescheinigung kann von der zuständigen Behörde anerkannt werden, wenn sie den in Hessen gestellten Anforderungen entspricht. Die im Inland bestandene Jägerprüfung oder die Anerkennung als behördlicher Diensthundeführer gelten als Nachweis der erforderlichen Sachkunde.

§ 4

Zuverlässigkeit

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer

1. wegen vorsätzlichen Angriffs auf Leben oder Gesundheit, Vergewaltigung, Zuhälterei, Land- oder Hausfriedensbruchs, Widerstandes gegen die Staatsgewalt, einer gemeingefährlichen Straftat oder einer Straftat gegen das Eigentum oder Vermögen,

2. mindestens zweimal wegen einer im Zustand der Trunkenheit begangenen Straftat oder

3. wegen einer Straftat gegen das Tierschutzgesetz, das Waffengesetz, das Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen, das Sprengstoffgesetz, das Bundesjagdgesetz oder das Betäubungsmittelgesetz rechtskräftig verurteilt worden ist und wenn seit dem Eintritt der Rechtskraft der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht vergangen sind. In die Frist wird nicht die Zeit eingerechnet, die auf behördliche Anordnung wegen einer Straftat im Sinne des Satzes 1 in einer Anstalt verbracht worden ist.

(2) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel auch nicht, wer

1. wiederholt oder gröblich gegen Vorschriften des Tierschutzgesetzes, des Waffengesetzes, des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des Sprengstoffgesetzes, des Bundesjagdgesetzes, des Betäubungsmittelgesetzes oder gegen die Vorschriften dieser Verordnung verstoßen hat,

2. alkoholsüchtig, rauschmittelsüchtig, geisteskrank oder geistesschwach ist.

(3) Zum Nachweis der Zuverlässigkeit ist ein Führungszeugnis vorzulegen. Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Zuverlässigkeit im Sinne des Abs. 2 Nr. 2 begründen, so kann die zuständige Behörde von Halterin, Halter oder Aufsichtsperson ein amts- oder fachärztliches Gutachten verlangen.

§ 5

Führen eines gefährlichen Hundes

(1) Einen gefährlichen Hund darf außerhalb des eingefriedeten Besitztums nur führen, wer

1. das 18. Lebensjahr vollendet hat,

2. die erforderliche Sachkunde und Zuverlässigkeit oder eine befristete Erlaubnis nach § 14 Abs. 3 Satz 1 besitzt und

3. körperlich und geistig in der Lage ist, den gefährlichen Hund sicher zu führen.

(2) Gefährliche Hunde dürfen nur einzeln geführt werden.

(3) Die Halterin, der Halter oder eine Aufsichtsperson im Sinne von Abs. 1 darf einen gefährlichen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums keiner Person überlassen, die die Voraussetzungen des Abs. 1 nicht erfüllt.

§ 6

Leinen- und Maulkorbzwang

(1) Wer einen gefährlichen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums oder der Wohnung der Halterin oder des Halters laufen lässt, hat diesen an der Leine zu führen. Leine, Halsband und Halskette müssen so beschaffen sein, dass der Hund sicher gehalten werden kann. Die Leine darf nur so lang sein, dass keine Gefahr von dem Hund ausgehen kann, höchstens jedoch zwei Meter. Satz 1 gilt nicht für Gebiete, die von den Gemeinden als Freilaufgebiete für gefährliche Hunde ausgewiesen sind und nicht für Hundeübungsplätze.

(2) An der Leine zu führen sind ferner alle Hunde, die mitgeführt werden

1. bei öffentlichen Versammlungen, Aufzügen, Volksfesten, Märkten, Messen und sonstigen Veranstaltungen mit Menschenansammlungen sowie in Gaststätten,

2. in von den Gemeinden zu bestimmenden, der Allgemeinheit zugänglichen umfriedeten oder anderweitig begrenzten Park-, Garten- und Grünanlagen sowie Fußgängerzonen oder Teilen davon,

3. in öffentlichen Verkehrsmitteln.

(3) Wer einen gefährlichen Hund nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, der älter als neun Monate ist, außerhalb seiner Wohnung oder seines eingefriedeten Besitztums führt, hat diesem eine Vorrichtung anzulegen, die das Beißen zuverlässig verhindert; für andere gefährliche Hunde kann die zuständige Behörde das Tragen einer solchen Vorrichtung anordnen.

(4) Die Erlaubnis der zuständigen Behörde nach § 13 ist mitzuführen. Die Person, die den Hund führt, aber nicht auch Halterin oder Halter ist, hat zusätzlich ihre Sachkundebescheinigung mitzuführen.

(5) Für Diensthunde von Behörden und Rettungshunde besteht während ihres Einsatzes oder ihrer Ausbildung kein Leinen- und Maulkorbzwang. Für anerkannte Blindenhunde kann auf Antrag der Halterin oder des Halters eine Ausnahme vom Leinen- und Maulkorbzwang gemacht werden.

§ 7

Sicherung von Grundstücken und Wohnungen

(1) Grundstücke und Zwinger, auf und in denen ein gefährlicher Hund gehalten wird, sind so einzuzäunen und zu sichern, dass Personen außerhalb dieser Grundstücke und Zwinger nicht gefährdet werden können, insbesondere ein Entweichen des Hundes ausgeschlossen ist. Gleiches gilt für Wohnungen, wenn ein gefährlicher Hund in einer Wohnung gehalten wird.

(2) Alle Zugänge zu dem eingefriedeten Besitztum oder der Wohnung sind mit deutlich sichtbarem Warnschild in Signalfarbe mit der Aufschrift "Vorsicht Hund!" zu versehen.

§ 8

Ausbildung von Hunden

(1) Es ist verboten, Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren auszubilden. Über Ausnahmen entscheidet auf Antrag der Halterin oder des Halters die zuständige Behörde nach Maßgabe des Abs. 2.

(2) Die Erlaubnis darf nicht erteilt werden für die Ausbildung von Hunden nach § 2 Abs. 1. Ansonsten kann sie erteilt werden, wenn

1. die antragstellende Person nachweist, dass die Ausbildung Schutzzwecken dient,

2. sie die erforderliche Sachkunde sowie Befähigung zur Ausbildung besitzt und das 18. Lebensjahr vollendet hat,

3. keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass die antragstellende Person die erforderliche Zuverlässigkeit nicht besitzt, und

4. die der Ausbildung dienenden Räumlichkeiten, Einrichtungen und Freianlagen eine verhaltensgerechte und ausbruchsichere Unterbringung ermöglichen, so dass die körperliche Unversehrtheit von Menschen oder Tieren nicht gefährdet wird.

§ 9

Kennzeichnung

Hunde nach § 2 Abs. 1 sind mit einer zur Identifizierung geeigneten, elektronisch lesbaren Marke (Chip) unveränderlich zu kennzeichnen.

§ 10

Unfruchtbarmachung

Die Halterin oder der Halter eines fortpflanzungsfähigen Hundes nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 hat die fachgerechte, endgültige Unfruchtbarmachung unverzüglich zu veranlassen, soweit nicht nachgewiesen wird, dass aus tiermedizinischen Gründen hiervon abzusehen ist. In diesem Fall ist die Unfruchtbarmachung durch andere geeignete Maßnahmen durchzuführen. Die Unfruchtbarkeit ist durch eine Bescheinigung einer Tierärztin oder eines Tierarztes zu belegen.

§ 11

Sicherstellung und Tötung von Hunden

(1) Die zuständige Behörde kann die Sicherstellung sowie die Verwahrung nach §§ 40 und 41 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung anordnen, wenn die nach dieser Verordnung bestehenden Verbote oder Gebote nicht eingehalten werden oder den Anordnungen oder Auflagen der zuständigen Behörde nicht nachgekommen wird. § 12 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Die zuständige Behörde kann die Tötung eines gefährlichen Hundes anordnen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass von dem Hund eine Gefahr für Leben oder Gesundheit von Menschen oder Tieren ausgeht. Die Tötung ist anzuordnen, wenn der Hund einen Menschen getötet oder ernstlich verletzt hat.

§ 12

Abgabeverbot für gefährliche Hunde

Handel, Erwerb sowie die Abgabe von gefährlichen Hunden nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 sind verboten, so weit das Bundesrecht nichts anderes vorschreibt. Zulässig bleibt die Abgabe an und die Annahme eines gefährlichen Hundes durch Tierheime in gemeinnütziger oder öffentlicher Trägerschaft sowie an Personen, die für diesen eine Erlaubnis nach § 14 Abs. 1 erhalten können. § 42 Abs. 1 Nr. 2 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung gilt entsprechend.

§ 13

Erlaubnis für das Halten gefährlicher Hunde

Wer einen Hund im Sinne des § 2 halten will, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde, so weit das Bundesrecht nichts anderes vorschreibt. Die Erlaubnispflicht gilt nicht für die Haltung von Diensthunden von Behörden.

§ 14

Erteilung der Erlaubnis

(1) Die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 darf nur erteilt werden, wenn

1. die antragstellende Person ein besonderes Interesse zur Haltung des gefährlichen Hundes nachweist,

2. gegen ihre Zuverlässigkeit keine Bedenken bestehen,

3. sie über die erforderliche Sachkunde verfügt,

4. sie das 18. Lebensjahr vollendet hat,

5. für den Hund eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde,

6. die bereits fällig gewordene Hundesteuer entrichtet worden ist,

7. sie nachweist, dass der Hund artgerecht gehalten wird und die erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind, damit von ihm keine Gefahren für Leben, Gesundheit, Eigentum oder Besitz ausgehen,

8. durch eine Begutachtung des Hundes (Wesensprüfung) durch einen geeigneten Sachverständigen oder eine geeignete sachverständige Stelle nachgewiesen ist, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist,

9. der Hund mit einer zur Identifizierung geeigneten, elektronisch lesbaren Marke (Chip) unveränderlich gekennzeichnet ist, und

10. die Bescheinigung über die Unfruchtbarkeit im Sinne des § 10 vorliegt.

Versagungsgründe aus anderen Vorschriften bleiben unberührt. Ein besonderes Interesse nach Abs. 1 Nr. 1 kann insbesondere dann vorliegen, wenn der gefährliche Hund bereits vor dem 15. Juli 2000 von der antragstellenden Person gehalten und die Erlaubnis bis zum 15. August 2000 beantragt wurde. Die Erlaubnis ist auf zwei Jahre zu befristen.

(2) Die Erlaubnis zum Halten eines gefährlichen Hundes nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 darf nur erteilt werden, wenn der Nachweis durch eine Begutachtung des Hundes (Wesensprüfung) durch einen geeigneten Sachverständigen oder eine geeignete sachverständige Stelle erbracht wird, dass dieser keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist. Weiterhin müssen die in Abs. 1 Nr. 2 bis 7 und 9 genannten Voraussetzungen erfüllt sein. Für Hunde, die vor dem 15. Juli 2000 gehalten wurden, kann die Erlaubnis nur erteilt werden, wenn sie bis zum 15. August 2000 beantragt wurde. Von diesem Erfordernis kann die zuständige Behörde insbesondere dann absehen, wenn ein besonderes Interesse an der Haltung des Hundes nachgewiesen wird. Die Erlaubnis ist auf zwei Jahre zu befristen.

(3) Erlangt die Behörde Kenntnis von der Gefährlichkeit eines Hundes nach § 2 Abs. 2, erteilt sie eine befristete Erlaubnis zum Halten des Hundes, sofern die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 4 bis 7 und 9 erfüllt sind und keine Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit der Halterin oder des Halters bestehen. Von dem Erfordernis der Nr. 9 kann sie im Einzelfall absehen. Die Erlaubnis kann unbefristet erteilt werden, wenn die Halterin oder der Halter innerhalb der von der zuständigen Behörde gesetzten Frist nachweist, dass auch die Voraussetzungen des Abs. 1 Nr. 2, 3 und 8 vorliegen. In diesem Fall gilt der Hund nicht mehr als gefährlich.

(4) Der Nachweis der Sachkunde und der Unfruchtbarkeit muss erst erbracht werden, wenn der Hund ausgewachsen ist. Eine Begutachtung muss erst vorgenommen werden, wenn der Hund fünfzehn Monate alt ist, soweit er nicht vorher auffällig geworden ist oder einer Aggressionszucht entstammt. Bis dahin kann jeweils eine befristete Erlaubnis erteilt werden, wenn die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind.

(5) Eine aufgrund bisherigen Rechts erteilte Erlaubnis erlischt ein Jahr nach In-Kraft-Treten dieser Verordnung, so weit sie nicht für einen darüber hinausgehenden Zeitraum befristet wurde. Für bei In-Kraft-Treten dieser Verordnung gehaltene gefährliche Hunde ist eine Haftpflichtversicherung innerhalb von drei Monaten nach In-Kraft-Treten abzuschließen und nachzuweisen.

§ 15

Mitwirkungs- und Mitteilungspflichten

(1) Erhält die Halterin oder der Halter Kenntnis davon, dass es sich um einen Hund nach § 2 handeln könnte, hat sie oder er der zuständigen Behörde dies unverzüglich anzuzeigen.

(2) Die Halterin oder der Halter sind verpflichtet, die nach dieser Verordnung erforderlichen Feststellungen und Begutachtungen zuzulassen und alle dafür notwendigen Unterlagen und Bescheinigungen vorzulegen sowie alle für die Durchführung eines Erlaubnis-, Untersagungs- oder Sicherstellungsverfahrens erforderlichen Daten an die zuständige Behörde und die zur Sachverhaltsermittlung eingeschalteten Sachverständigen oder sachverständigen Stellen zu übermitteln.

(3) Wer einen Hund nach § 2 veräußert oder abgibt, hat dem Erwerber oder dem Annehmenden mitzuteilen, dass es sich um einen solchen Hund handelt.

(4) Der zuständigen Behörde sind innerhalb einer Woche anzuzeigen:

1. Zucht, Kreuzung, Handel, Erwerb, Abgabe und Aufgabe der Haltung eines Hundes nach § 2 unter Angabe von Namen, Anschriften neuer und früherer Halterinnen und Halter und der Ort der Haltung des Hundes, falls dieser von der Anschrift der Halterin oder des Halters abweicht,

2. Zuzug, Wegzug oder Umzug der Halterin oder des Halters eines Hundes nach § 2, sowie dessen Abhandenkommen oder Tod.

(5) Die bisher zuständige Behörde hat die neu zuständige Behörde über die Sachverhalte nach Abs. 2 unter Angabe der Namen der Halterinnen und Halter der Hunde zu unterrichten.

(6) Die zuständige Behörde teilt der für die Erhebung der Hundesteuer zuständigen Stelle innerhalb der Gemeinde Namen und Anschriften von Halterinnen und Haltern von Hunden nach § 2 mit.

§16

Zuständigkeit

Zuständige Behörde für die Durchführung dieser Verordnung sind die Bürgermeister (Oberbürgermeister) als örtliche Ordnungsbehörden.

§ 17

Geltungsbereich

Die für die Haltung und Ausbildung geltenden Vorschriften dieser Verordnung finden nur auf Hunde Anwendung, die an einem Ort in Hessen gehalten oder ausgebildet werden.

§ 18

Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 77 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1. entgegen § 1 Abs. 2 einen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums ohne das vorgeschriebene Halsband führt oder laufen lässt,

2. entgegen § 1 Abs. 4 einer vollziehbaren Untersagung nicht nachkommt,

3. entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 1 einen gefährlichen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums führt, ohne das 18. Lebensjahr vollendet zu haben,

4. entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 2 einen gefährlichen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums führt, ohne die erforderliche Sachkunde oder Zuverlässigkeit zu besitzen,

5. entgegen § 5 Abs. 1 Nr. 3 einen gefährlichen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums führt, ohne körperlich oder geistig in der Lage zu sein, den gefährlichen Hund sicher zu führen,

6. entgegen § 5 Abs. 2 gefährliche Hunde nicht einzeln führt,

7. entgegen § 5 Abs. 3 einen gefährlichen Hund außerhalb des eingefriedeten Besitztums einer Person überlässt, die die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 nicht erfüllt,

8. entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 1 einen Hund bei öffentlichen Versammlungen, Aufzügen, Volksfesten, Märkten, Messen oder sonstigen Veranstaltungen mit Menschenansammlungen sowie in Gaststätten mitführt, ohne diesen anzuleinen,

9. entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 2 einen Hund in der Allgemeinheit zugänglichen umfriedeten oder anderweitig begrenzten Park-, Garten- und Grünanlagen sowie Fußgängerzonen oder Teilen davon mitführt, ohne diesen anzuleinen,

10. entgegen § 6 Abs. 2 Nr. 3 einen Hund in öffentlichen Verkehrsmitteln mitführt, ohne diesen anzuleinen,

11. entgegen § 6 Abs. 3 einen gefährlichen Hund nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 außerhalb seiner Wohnung oder des eingefriedeten Besitztums ohne Vorrichtung, die das Beißen zuverlässig verhindert, führt,

12. entgegen § 6 Abs. 4 Satz 1 die erforderliche Erlaubnis nicht mitführt,

13. entgegen § 6 Abs. 4 Satz 2 die erforderliche Sachkundebescheinigung nicht mitführt,

14. entgegen § 7 Abs. 1 Satz 1 das Grundstück nicht oder nicht ausreichend einzäunt oder den Zwinger nicht oder nicht ausreichend sichert,

15. entgegen § 7 Abs. 1 Satz 2 die Wohnung nicht oder nicht ausreichend sichert,

16. entgegen § 3 Abs. 2 alle Zugänge zu dem eingefriedeten Besitztum oder der Wohnung nicht mit deutlich sichtbarem Warnschild mit der Aufschrift "Vorsicht Hund!" versieht,

17. entgegen § 8 Abs. 1 Satz 1 Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren ausbildet,

18. entgegen § 9 Hunde nach § 2 Abs. 1 nicht oder nicht unveränderlich mit einer zur Identifizierung geeigneten, elektronisch lesbaren Marke (Chip) kennzeichnet,

19. entgegen § 10 die fachgerechte, endgültige Unfruchtbarmachung eines fortpflanzungsfähigen Hundes nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 nicht unverzüglich veranlasst,

20. entgegen § 12 Satz 1 mit gefährlichen Hunden nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Handel betreibt, sie erwirbt oder abgibt,

21. entgegen § 13 Satz 1 einen Hund nach § 2 ohne die erforderliche Erlaubnis hält,

22. entgegen § 15 Abs. 1 die Gefährlichkeit des Hundes nach § 2 nicht oder nicht unverzüglich anzeigt,

23. entgegen § 15 Abs. 2 die erforderlichen Feststellungen und Begutachtungen nicht zulässt, die notwendigen Unterlagen und Bescheinigungen nicht oder nicht vollständig vorlegt sowie die erforderlichen Daten nicht oder nicht vollständig übermittelt,

24. entgegen § 15 Abs. 3 dem Erwerber oder Annehmenden nicht mitteilt, dass es sich um einen Hund nach § 2 handelt,

25. entgegen § 15 Abs. 4 Nr. 1 nicht oder nicht rechtzeitig die Zucht, die Kreuzung, den Handel, den Erwerb, die Abgabe oder Aufgabe der Haltung eines Hundes nach § 2 anzeigt,

26. entgegen § 15 Abs. 4 Nr. 2 nicht oder nicht rechtzeitig den Zuzug, den Wegzug oder Umzug der Halterin oder des Halters eines Hundes nach § 2 sowie dessen Abhandenkommen oder Tod anzeigt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann nach § 77 Abs. 2 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Deutsche Mark geahndet werden.

§ 19

Aufhebung bisherigen Rechts

Die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Hunden vom 15. August 1997 (GVBl. I S. 279) und die Gefahrenabwehrverordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit vom 5. Juli 2000 (GVBl. I S. 355) werden aufgehoben.

§ 20

In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf des 31. August 2005 außer Kraft.

Wiesbaden, den 15. August 2000

Der Hessische Minister des Innern und für Sport

Bouffier

Nach dem Inkrafttreten dieser neuen Gefahrenabwehrverordnung haben die Antragsteller zu 1. bis 20. mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 27. August 2000, mit dem der Antragsteller zu 21. dem Verfahren beigetreten ist, das Eilverfahren für erledigt erklärt. Die Antragsteller haben gleichzeitig mitteilen lassen, dass sie dieses Verfahren mit dem Ziel fortsetzen wollen, die Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde außer Vollzug setzen zu lassen.

Die Antragsteller halten an ihren Wohnorten in Hessen Hunde, die einer der in § 2 Abs. 1 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde aufgeführten Hunderassen angehören, und züchten auch teilweise derartige Tiere. Im Einzelnen halten

American Pitbull Terrier oder Pit Bull Terrier die Antragsteller zu 3., zu 4., zu 7. (zwei Tiere) und zu 11.;

einen American Stafford Terrier oder American Staffordshire Terrier die Antragsteller zu 1., zu 2., zu 15., zu 16., zu 17., zu 18.;

Staffordshire Bullterrier die Antragsteller zu 9., zu 14, zu 19. und zu 21; der von dem Antragsteller zu 19. gehaltene Hund wird als Rettungshund regelmäßig bei dem Verein für Mensch und Hund - Rettung und Sport Nordhessen e.V. - trainiert;

einen Bullterrier der Antragsteller zu 12 und zu 13.;

eine Bordeaux Dogge die Antragstellerin zu 5.;

Fila Brasileiro der Antragsteller zu 6. (zwei Hunde), der auch entsprechende Hunde züchtet, und der Antragsteller zu 11.;

einen Kaukasischen Owtscharka der Antragsteller zu 20.;

einen Mastiff der Antragsteller zu 8., der entsprechende Tiere auch züchtet;

zwei Mastini Napoletani der Antragsteller zu 10.

Die Antragsteller begehren in dem von ihnen unter dem Aktenzeichen 11 N 2497/00 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof betriebenen Normenkontrollverfahren nunmehr, die Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde für nichtig zu erklären. Zur Begründung vertreten sie die Ansicht, die in dieser Verordnung getroffenen Regelungen hätten nicht - gestützt auf § 72 HSOG - von der Exekutive durch Verordnung getroffen werden dürfen, sondern hätten nach der so genannten Wesentlichkeitstheorie eines Gesetzes im formellen Sinne bedurft. Die Antragsteller halten § 2 Abs. 1 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, weil die dort vorgenommene Differenzierung zwischen den aufgeführten und nicht aufgeführten Hunderassen willkürlich sei. Es entspreche gesicherter kynologischer Erkenntnis, dass es keine Hunderasse gebe, die von Natur aus oder genetisch aggressiv und kämpferisch veranlagt sei. Hunde würden - wie der Mensch - als soziale Wesen im Wesentlichen vom Sozialisationsprozess geprägt. Es komme daher auf den Halter an, was aus einem Hund werde. Im Übrigen fehlt es für den Erlass der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung nach Ansicht der Antragsteller an der erforderlichen abstrakten Gefahr für die öffentliche Sicherheit, da sich die Gefährlichkeit von Hunden nicht nach abstrakten Merkmalen bewerten lasse. Allenfalls lasse sich aus der Berichterstattung über Angriffe sogenannter Kampfhunde auf Menschen und Tiere eine Putativ- oder Scheingefahr ableiten, die als Grundlage für den Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung nicht ausreiche. Schließlich verstoße die Aufzählung der Hunderassen in § 2 Abs. 1 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde gegen das Bestimmtheitsgebot, da nicht nur reinrassige "gefährliche Hunde", sondern auch deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden erfasst würden. Es sei nicht erkennbar, wie weit bei Mischlingshunden die Zugehörigkeit früherer Generationen zu den erfassten Hunderassen ermittelt werden müsse, um einen Mischlingshund einer der als gefährlich eingestuften Hunderassen zuzuordnen. Im Übrigen äußern die Antragsteller Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestimmter weiterer Vorschriften der angegriffenen Verordnung, insbesondere in Bezug auf bestimmte Kriterien für die Zuverlässigkeit des Halters im Sinne des § 4 Abs. 1 der Verordnung, das in § 5 Abs. 2 der Verordnung enthaltene Gebot, gefährliche Hunde nur einzeln zu führen, den in § 6 Abs. 1 und 2 der Verordnung geregelten Leinenzwang für gefährliche bzw. alle Hunde, den in § 6 Abs. 3 der Verordnung enthaltenen Maulkorbzwang für sogenannte Kampfhunde, die in § 7 Abs. 2 der Verordnung geregelte Verpflichtung zur Anbringung von Wandschildern, die in § 9 der Verordnung geregelte Verpflichtung, bestimmte Hunde durch eine geeignete, elektronisch lesbare Marke (Chip) unveränderlich zu kennzeichnen, die in § 10 Satz 1 der Verordnung angeordnete Unfruchtbarmachung "echter Kampfhunde" und die in § 11 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung enthaltene Anordnung der Tötung eines Hundes, wenn dieser einen Menschen getötet oder ernstlich verletzt hat. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Antragsteller vom 27. August 2000 (Bl. 118 ff. GA) und vom 2. September 2000 (Bl. 194 ff. GA) Bezug genommen.

Die Antragsteller zu 1. bis 20. haben

das Verfahren für erledigt erklärt

und alle Antragsteller beantragen nunmehr,

die Gefahrenabwehrverordnung über das Halten und Führen von Hunden (Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde) vom 11. August [richtig: 15. August] 2000 einstweilen bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache außer Vollzug zu setzen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Er hält den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung für unbegründet, da eine einstweilige Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten sei. Die angegriffene Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde sei rechtmäßig.

Der Antragsgegner legt unter Hinweis auf Beschlüsse der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 5. Mai und 28. Juni 2000 dar, man habe sich veranlasst gesehen, im Vorgriff auf eine gesetzliche Regelung die von den Antragstellern angegriffene Gefahrenabwehrverordnung zu erlassen. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass "die entferntere Möglichkeit eines Schadenseintritts zum Erlass einer sicherheitsrechtlichen Verordnung ausreichen" könne. Orientiert an einer durch den Bayerischen Verfassungsgerichtshof für rechtmäßig erachteten bayerischen Verordnung habe man in der Gefahrenabwehrverordnung deshalb diejenigen Hunderassen in einer Liste erfasst, bei denen eine Disposition zur Gefährlichkeit vorliege. Abweichend von der ursprünglichen Regelung in § 1 Abs. 1 KampfhundeVO habe man in der jetzt angegriffenen Verordnung nur noch drei Hunderassen erfasst, die allgemein als gefährliche Hunde angesehen und daher als unwiderleglich vermutete Kampfhunde eingestuft würden. Bei den nunmehr in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde erfassten zwölf weiteren Hunderassen sei man von einer potentiellen Gefährlichkeit ausgegangen, weil sie leicht zu Kampfhunden erzogen werden könnten. Nach einem positiv verlaufenen Wesenstest könne jedoch bei diesen Hunderassen davon abgesehen werden, sie als gefährliche Hunde zu behandeln.

Zur weiteren Begründung bezieht sich der Antragsgegner auf den vorgelegten Abdruck eines Gesetzentwurfs der Landesregierung für ein Gesetz zur Abwehr der von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren (Hundegesetz) und eine vorgelegte Kopie der vom Hessischen Ministerium des Innern und für Sport mit Erlass vom 24. August 2000 getroffenen Durchführungsbestimmungen zur Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens des Antragsgegners wird auf den Schriftsatz des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 31. August 2000 und die Anlagen hierzu Bezug genommen.

II.

Der Senat sieht in der einseitig gebliebenen Erledigungserklärung der Antragsteller zu 1. bis 20. bezüglich des Eilverfahrens nach § 47 Abs. 6 VwGO keinen besonders zu bescheidenden Erledigungsfeststellungsantrag (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., Rdnr. 20 zu § 161 VwGO). Die Antragsteller haben durch die Erledigungserklärung lediglich zum Ausdruck bringen wollen, dass sie nach Aufhebung der KampfhundeVO durch § 19 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde im Eilverfahren nicht mehr an ihren ursprünglichen Anträgen festhalten, sondern sich nunmehr wegen geänderter rechtlicher Verhältnisse gegen den Vollzug der neuen Verordnung wehren wollen. Im Hinblick auf § 88 VwGO ist der Senat deshalb der Auffassung, dass es sich in dem Übergang von den ursprünglichen zu den neuen Anträgen um eine analog § 91 Abs. 1 VwGO auch ohne ausdrückliche Zustimmung des Antragsgegners sachdienliche und damit zulässige Anpassung der Anträge an die veränderte Rechtslage handelt. Im Übrigen hat sich der Antragsgegner rügelos auf die geänderten Anträge eingelassen (§ 91 Abs. 2 VwGO analog).

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind zulässig. Im Rahmen des Normenkontrollverfahrens sind solche Anträge statthaft (§ 47 Abs. 6 VwGO). Die angegriffene Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde ist - wie schon die aufgehobene KampfhundeVO - eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung vom 27. Oktober 1997 (GVBl. I, S. 381). Die Antragsteller sind als Halter von Hunden, die den in § 2 Abs. 1 der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung aufgeführten Hunderassen angehören, auch normbetroffen im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO und haben ihre Normenkontrollanträge rechtzeitig innerhalb der dort bestimmten Frist gestellt.

Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sind nur teilweise begründet.

Der Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung ist wegen schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO (nur) insoweit geboten, als es den Vollzug der aus dem Tenor ersichtlichen Bestimmungen der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde betrifft. Im Übrigen wäre der einstweilige Vollzug der Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde für die Antragsteller selbst dann einstweilen hinnehmbar, wenn sich später im Verfahren zur Hauptsache herausstellen sollte, dass weitere oder gar alle Bestimmungen der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung ungültig sind oder waren. Für den Erlass einstweiliger Anordnungen nach § 47 Abs. 6 VwGO ist grundsätzlich ein strengerer Maßstab anzulegen als für einstweilige Anordnungen nach § 123 VwGO. Während letztere ergehen können, wenn dies nötig erscheint, muss eine einstweilige Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten sein, d. h. die dafür sprechenden Gründe müssen so schwer wiegen, dass der Erlass unabweisbar erscheint (OVG Münster, Beschluss vom 30. Mai 1996 - 10 a B 1073/96.NE -, NVwZ 1997, 923). Dabei sind die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sie sich bereits übersehen lassen, zu berücksichtigen (Kopp/Schenke, VwGO, 11. Aufl., Rdnr. 106 zu § 47 m.w.N.).

Was die Voraussetzungen für den Erlass einer Gefahrenabwehrverordnung nach §§ 71, 72 Abs. 1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) in der Fassung vom 31. März 1994 (GVBl. I S. 174, ber. S. 284), zuletzt geändert durch das Vierte Änderungsgesetz vom 22. Mai 2000 (GVBl. I S. 278), angeht, bestehen entgegen der Auffassung der Antragsteller keine durchgreifenden Bedenken gegen das Vorhandensein einer durch eine Gefahrenabwehrverordnung zu begegnenden abstrakten Gefahr. Das Halten von Hunden der in § 2 Abs. 1 Satz 2 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde genannten Rassen begründet den Tatbestand einer abstrakten Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die latent vorhanden ist, weil davon ausgegangen werden muss, dass solche Hunde auch von Personen gehalten werden, die nicht die Gewähr für ein gefahrloses Verhalten der Tiere bieten (VGH Mannheim, Urteil vom 26. April 1999 - 1 S 2214/98 -, NVwZ 1999, 1016 [1017] = ESVGH 49, 215, unter Hinweis auf VGH Mannheim, NVwZ 1992, 1105; OVG Bremen, DÖV 1993, 576; BayVerfGH, NVwZ-RR 1995, 262). Wie der Verordnungsgeber dieser latenten abstrakten Gefahr begegnet, steht in seinem Ermessen. Allerdings dürfen die getroffenen Regelungen nicht über das erforderliche, d. h. zur Gefahrenabwehr notwendige Maß hinausgehen, müssen verhältnismäßig sein und dürfen nicht lediglich der Aufgabenerleichterung dienen (Hornmann, HSOG, 1997, Rdnr. 7 zu § 71).

Schwere Nachteile im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO hat für die davon betroffenen Hundehalter und -züchter - im vorliegenden Verfahren handelt es sich dabei um die Antragsteller zu 1. bis 4., zu 7., zu 9., zu 14. bis 19. und zu 21. - die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde zur Folge. Nach dieser Vorschrift wird eine auf Grund rassespezifischer Merkmale oder Zucht gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren bei den dort aufgeführten Hunderassen unwiderleglich vermutet. Der Vollzug dieser Bestimmung in Verbindung mit weiteren Regelungen dieser Gefahrenabwehrverordnung (insbesondere Gebot der Unfruchtbarmachung, § 10) würde für die betroffenen Hundehalter und -züchter vollendete, irreparable Tatsachen schaffen, obgleich nach der im Eilverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage sehr zweifelhaft ist, ob die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde sich im Rahmen der Normenkontrolle als rechtmäßig erweisen werden. Der Senat beschränkt sich im Eilverfahren allerdings darauf, nicht § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 dieser Verordnung, sondern lediglich die auf diese Vorschrift verweisenden und in die Rechtposition der Antragsteller unmittelbar eingreifenden Bestimmungen der §§ 6 Abs. 3 1. Halbsatz (teilweise), 9,10 sowie 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 9 und 10 außer Vollzug zu setzen. Die hinsichtlich § 6 Abs. 3 1. Halbsatz der Verordnung aus dem Tenor ersichtlichen Einschränkung dieser Entscheidung ergibt sich aus einer eigenen Ermessensausübung des Senats, die bei Erlass einer einstweiligen Anordnung des Senats auch im Rahmen des § 47 Abs. 6 VwGO möglich ist (Kopp/Schenke, a.a.O., Rdnr. 106 zu § 47 [S. 671]). Angesichts der allgemeinkundigen schwerwiegenden Vorfälle mit beißenden Hunden (auch) der hier betroffenen Hunderassen in jüngerer Zeit hält es der Senat für nicht verantwortbar, den Maulkorbzwang für die in § 6 Abs. 3 1. Halbsatz der Verordnung bezeichneten Hunde für den Zeitraum vor einer bestandenen Wesensprüfung außer Vollzug zu setzen; die Möglichkeit, den durch die Verordnung auf diese drei Hunderassen beschränkten Maulkorbzwang für diesen Zeitraum auf die in § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Verordnung bezeichneten - oder gar auf in der Verordnung nicht erwähnte - Hunderassen auszudehnen, hat das Gericht nicht.

Rechtlich problematisch ist § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 dieser Gefahrenabwehrverordnung insbesondere hinsichtlich der Erforderlichkeit der darin getroffenen Regelung (§ 71 HSOG) und im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG).

Der Senat hat nach summarischer Überprüfung erhebliche Zweifel, ob § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde diesen Anforderungen genügt. Denn es ist - auch unter Berücksichtigung der Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift - einstweilen kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum bei Hunden der in dieser Bestimmung erwähnten Hunderassen nicht ebenso wie bei den in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 der Verordnung genannten Hunderassen eine durch eine positiv verlaufende Wesensprüfung widerlegbare Vermutung der Gefährlichkeit genügen würde, um eine zur Gefahrenabwehr ausreichende Überwachung zu gewährleisten. Da der Verordnungsgeber noch vor wenigen Wochen in § 1 der jetzt aufgehobenen KampfhundeVO auch die jetzt in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde aufgeführten Hunderassen kraft normativer Fiktion den Hunden "mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (Kampfhunde)" zugeordnet hatte, wäre für die nunmehr vorgenommene Differenzierung ein einleuchtender Grund notwendig. Soweit sich der Antragsgegner insoweit auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 12. Oktober 1994 - Vf.16-VII-92 u.a. - (NVwZ-RR 1995, 262) bezieht, verkennt er, dass die in dieser Entscheidung überprüfte Bestimmung auf einer in Art. 37 Abs. 1 Satz 2 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (BayLStVG) enthaltenen Legaldefinition der Kampfhunde und einer spezialgesetzlichen Ermächtigung in diesem Gesetz beruhte, während hier sowohl die normative Definition des Kampfhundebegriffs als auch die Zuordnung bestimmter Hunderassen zu den verschiedenen Gruppen als gefährlich eingestufter Hunde allein auf Grund des allgemeinen Polizeirechts erfolgt ist. Die von der Landesregierung mit ihrem Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Abwehr der von gefährlichen Hunden ausgehenden Gefahren initiierte gesetzliche Regelung, die sich an der in Bayern geltenden Rechtslage orientiert, ist noch nicht umgesetzt und kann daher als Ermächtigungsgrundlage für die hier zur Überprüfung stehende Gefahrenabwehrverordnung auch nicht herangezogen werden.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die vom Antragsgegner zitierte Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit und einer Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beachtliche Kritik gefunden hat. Der VGH Mannheim hat dazu in seinem bereits zitierten Urteil vom 26. April 1999 - 1 S 2214/98 - (NVwZ 1999, 1016 [1018]) Folgendes ausgeführt:

"Auch der Ansicht des BayVerfGH ..., der eine dem § .... vergleichbare typisierende und generalisierende Regelung aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung für rechtlich unbedenklich ansieht, kann der Senat nicht folgen. Zwar umfaßt - in diesem Ansatz stimmt der Senat mit dem BayVerfGH überein - der Gestaltungsspielraum des Verordnungsgebers bei komplexen, in vielerlei Hinsicht noch ungeklärten Sachverhalten auch die Befugnis, Regelungen zu treffen, die sich zunächst mit gröberen Typisierungen und Generalisierungen begnügen und es damit ermöglichen, in angemessener Zeit Erfahrungen mit ihrer Anwendung zu sammeln. Dies stellt den Verordnungsgeber aber nicht von der Verpflichtung frei, sein Handeln an einem schlüssigen Konzept auszurichten, das den erkennbaren sachlichen Gegebenheiten des jeweiligen Regelungsbereichs Rechnung trägt. Daran fehlte es bei der seinerzeit der Entscheidung des Senats zugrundeliegenden Landesverordnung und fehlt es auch bei der hier angegriffenen Bestimmung in der Polizeiverordnung der Ag. Gründe der Verwaltungsvereinfachung, wie sie auch die Ag. geltend macht, dürfen nicht dazu führen, dass der Verordnungsgeber aus einer Gruppe im wesentlichen gleich abstrakt-gefährlicher Hunderassen gerade diejenigen herausgreift, deren Verbreitungsgrad vergleichsweise gering ist, um auf diese Weise den mit dem Vollzug der Verordnung verbundenen Verwaltungsaufwand in Grenzen zu halten.

Der Senat kann sich der Ansicht des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs auch nicht anschließen, soweit dieser als sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung den Umstand wertet, dass die als ebenso gefährlich anzusehenden, jedoch in den Katalog nicht aufgenommenen Hunderassen wie die Deutsche Dogge, der Dobermann, der Rottweiler, der Boxer oder der Deutsche Schäferhund in Deutschland traditionell gezüchtet und gehalten werden, von daher in der Öffentlichkeit eine höhere Akzeptanz genießen und mehr oder minder zu Gebrauchshunden für vielerlei Zwecke verwendet werden. Dieser Umstand mag zwar Befreiungs- und Ausnahmeregelungen rechtfertigen, wie sie für Gebrauchshunde auch in der Verordnung der Ag. vorgesehen sind, nicht aber eine normative Regelung, mit der bestimmte Rassen abstrakt und kategorisch als gefährlich eingestuft werden."

Ob sich aus der Nichteinbeziehung dieser vom VGH Mannheim erwähnten Hunderassen in den Katalog der Kampfhunderassen ein weiterer Verstoß der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung gegen Art. 3 Abs. 1 GG ergibt (vgl. dazu OVG Saarlouis, Urteil vom 1. Dezember 1993 - 3 N 3/93 -, Amtliche Sammlung der Oberverwaltungsgerichte Rheinland-Pfalz und Saarland, Bd. 24, 412), bedarf im Rahmen der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren keiner Entscheidung. Es sei lediglich darauf hingewiesen, dass das OVG Saarlouis in der zitierten Entscheidung ein entsprechendes Defizit festgestellt und daraus die Nichtigkeit der gesamten seinerzeit überprüften Polizeiverordnung mit Ausnahme der darin enthaltenen Bußgeldvorschriften hergeleitet hat.

Ein wichtiger Grund für die Aussetzung der Vollziehung der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung im Wege einstweiliger Anordnung besteht schließlich insoweit, als in § 9 die unveränderliche Kennzeichnung solcher Hunde mittels eines Chips verlangt wird. Zumindest bei Hunden, für die eine Wesensprüfung im Sinne des § 2 Abs. 2 der Verordnung ergeben hat, dass sie keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen und Tieren aufweisen, erscheint eine solche Kennzeichnung unverhältnismäßig. Da die Kennzeichnung "unveränderlich", also irreparabel erfolgen soll, ist darin eine wesentliche Beeinträchtigung der betroffenen Hundehalter - dies betrifft auch alle Antragsteller - in ihrer Stellung als Hundehalter und Eigentümer zu sehen. Worin der sicherheitstechnische Vorteil einer solchen - für die konkrete Gefährlichkeit der betroffenen Tiere nach bestandener Wesensprüfung wenig aussagekräftigen Kennzeichnung - bestehen soll, wird im Hauptsacheverfahren zu klären sein.

Im Übrigen sind die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung unbegründet.

Schwere Nachteile oder andere wichtige Gründe für den Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO ergeben sich nicht schon daraus, dass durch §§ 1 Abs. 3, 14 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde ein Erlaubnisverfahren eingeführt und in § 13 dieser Verordnung - bußgeldbewehrt (vgl. § 18 Abs. 1 Nr. 21, Abs. 2 der Verordnung) - die Haltung gefährlicher Hunde im Sinne der Verordnung nur Erlaubnisinhabern gestattet wird. Die Einführung eines solchen Erlaubnisverfahrens durch Gefahrenabwehrverordnung dürfte auch nach vorläufiger Einschätzung des Senats im Rahmen summarischer Prüfung sowohl unter dem Gesichtspunkt des Gesetzesvorbehalts als auch unter dem Aspekt der Erforderlichkeit im Sinne des § 71 HSOG einer Überprüfung im Normenkontrollverfahren Stand halten.

Das Bundesverfassungsgericht hat aus den speziellen grundrechtlichen Gesetzesvorbehalten einerseits sowie aus dem Rechtsstaatprinzip und aus dem allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes (Art. 20 Abs. 3 GG) andererseits die Verpflichtung des Gesetzgebers abgeleitet, nicht nur im Bereich der unmittelbaren Grundrechtsausübung, sondern in allen grundlegenden normativen Bereichen die wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 1997 - 2 BvR 509/96 u.a. -, NJW 1998, 669, unter Hinweis auf BVerfGE 49, 89 [126]; 77, 170 [230 f.]). Dies schließt Ermächtigungen zu ergänzenden Regelungen durch Rechtsverordnung nicht aus, sofern die wesentlichen Entscheidungen einschließlich Ermächtigungsnormen in dem formellen Gesetz enthalten sind. Die Einführung eines Erlaubnisverfahrens für das Halten sogenannter gefährlicher Hunde ist keine solche dem Gesetzgeber vorbehaltene Grundentscheidung, sondern kann von der Exekutive auf Grund einer Ermächtigungsnorm des allgemeinen Polizeirechts getroffen werden. § 71 HSOG ermächtigt in Verbindung mit § 72 Abs. 1 HSOG den tätig gewordenen Minister unter den dort geregelten Voraussetzungen dazu, Gebote oder Verbote für eine unbestimmte Anzahl von Fällen an eine unbestimmte Zahl von Personen zu richten. Die in § 1 Abs. 3 in Verbindung mit §§ 13, 14 der Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde getroffene Regelung ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und damit ein gegenüber dem nach § 71 HSOG theoretisch möglichen Verbot der Hundehaltung milderes Mittel. Es liegt nach Auffassung des Senats im Rahmen des Ermessensspielraums des Verordnungsgebers, über die in § 1 Abs. 4 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde enthaltene Ermächtigung der zuständigen Behörde zum Untersagen des Haltens und Führens von Hunden hinaus durch die Einführung eines einzelne Hunde betreffenden Erlaubnisverfahrens der latenten abstrakten Gefahr durch ein nicht hinreichend kontrolliertes Verhalten dieser Tiere zu begegnen.

Mit der Einführung eines Erlaubnisvorbehalts wird das zumindest durch Art. 2 Abs. 1 GG umfasste Recht auf Haltung normbetroffener Hunde zwar zu einem verwalteten Recht, das nur noch mit behördlicher Billigung ausgeübt werden kann. Außerdem werden durch die Einführung einer Erlaubnispflicht die Rechtsschutzmöglichkeiten der betroffenen Hundehalter - dies betrifft u. a. alle Antragsteller - gegenüber dem bisherigen Zustand verschlechtert, weil auch das Halten sogenannter gefährlicher Hunde nach bisheriger Rechtslage unter Geltung der jetzt aufgehobenen Gefahrenabwehrverordnung über das Halten von Hunden vom 15. August 1997 (GVBl. I S. 279) nicht erlaubnispflichtig war, sondern die Hundehaltung nur durch behördliche Entscheidungen in Form eines Verwaltungsakts eingeschränkt werden konnte. Gegen derartige Verwaltungsakte konnten sich die betroffenen Hundehalter bisher mit aufschiebender Wirkung durch Widerspruch und Anfechtungsklage (§ 8o Abs. 1 VwGO) bzw. bei einer Anordnung der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts durch einen Aussetzungsantrag bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder dem Verwaltungsgericht zur Wehr setzen (§ 80 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 4 und 5 VwGO). Demgegenüber muss bei einem Vollzug der §§ 1 Abs. 3, 13, 14 Gefahrenabwehrverordnung gefährliche Hunde jeder betroffene Hundehalter bei Ablehnung seines Erlaubnisantrags die nicht erlaubte Hundehaltung beenden oder im Wege einstweiliger Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO eine vorläufige Erlaubnis erwirken. Diese Nachteile wiegen jedoch nach Ansicht des Senats nicht so schwer, dass sie einen Anordnungsgrund nach § 47 Abs. 6 VwGO ergeben oder im Rahmen der Ermessensausübung des Verordnungsgebers nach § 71 HSOG zwingend zugunsten der Antragsteller den Ausschlag hätten geben müssen.

Auch durch die weiteren im Beschlusstenor nicht erwähnten Bestimmungen der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung werden die Antragsteller nicht in solchem Maße beeinträchtigt, dass daraus schwere Nachteile oder andere wichtige Gründe im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO hergeleitet werden können. Mit der Anwendung dieser Bestimmungen sind für die betroffenen Hundehalter keine Erschwernisse verbunden, die besonders einschneidend in ihre Rechtsstellung eingreifen. Vor allem der in § 6 Abs. 1 und 2 geregelte Leinenzwang, die in § 7 geregelten Sicherungs- und Kennzeichnungspflichten bezüglich der Grundstücke und Wohnungen der Hundehalter und das in § 8 geregelte Verbot der Ausbildung von Hunden mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren stellen keine von vornherein unzumutbaren Anforderungen an die Antragsteller. Was den Leinenzwang und das Verbot der Ausbildung zur Aggressivität anbelangt, fordern die zitierten Bestimmungen ein Verhalten, das von verantwortlichen Hundehaltern ohnehin selbstverständlich auch ohne entsprechende Regelung zu erwarten ist. Was die Kennzeichnungspflicht nach § 7 Abs. 2 der angegriffenen Gefahrenabwehrverordnung angeht, sieht der Senat in dieser Kennzeichnungspflicht - jedenfalls in ihrer gegenüber § 3 Abs. 2 Satz 2 der aufgehobenen KampfhundeVO deutlich abgeschwächten Form - keine Diskriminierung der betroffenen Hundehalter. Völlig neben der Sache liegt in diesem Zusammenhang der wiederholte Hinweis des Bevollmächtigten der Antragsteller auf die planmäßige Diskriminierung jüdischer Mitbürger im sogenannten Dritten Reich durch die Verpflichtung zum Tragen eines gelben Sterns. Mit diesem Hinweis sind die Grenzen des guten Geschmacks deutlich überschritten worden. Ungeachtet der Frage, ob sich das Kennzeichnungsgebot in der jetzt verordneten Form letztlich als rechtmäßig erweisen wird, ist ein legitimes Interesse der Allgemeinheit an einer Warnung vor Hunden, die auf bestimmten Grundstücken oder in bestimmten Wohnungen gehalten werden, unverkennbar. Es geht hier nicht um die Warnung potentieller Einbrecher, wie in der ursprünglichen Antragsschrift vom 23. Juli 2000 auf Seite 6 dargestellt, sondern um vorsorgliche Hinweise an Besucher und andere Personen, die die betreffenden Grundstücke aus anderen, z. B. beruflichen Gründen legal aufsuchen wollen oder müssen. Nicht nur in diesem Punkt befremdet die streckenweise polemische Argumentationsweise des Bevollmächtigten der Antragsteller. Was das in § 12 der angegriffenen Verordnung geregelte Abgabeverbot für gefährliche Hunde angeht, ist ein Anordnungsgrund im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO von den Antragstellern nicht dargelegt.

Die im Eilverfahren entstandenen Kosten hat der Senat gemäß § 155 Abs. 1 Sätze 1 und 2 VwGO gegeneinander aufgehoben, weil sich das Maß des Obsiegens der Antragsteller - gemessen an ihrem Antrag, die angegriffene Gefahrenabwehrverordnung insgesamt außer Vollzug zu setzen - als relativ gering darstellt. Mit der Hälfte der relativ hohen Gerichtskosten und den eigenen außergerichtlichen Kosten, die der Antragsgegner aufgrund dieser Entscheidung zu tragen hat, ist diesem Teilerfolg der Antragsteller hinreichend Rechnung getragen.

Bei der Streitwertfestsetzung geht der Senat für jeden betroffenen Hund der Antragsteller von dem - im Eilverfahren halbierten - gesetzlichen Auffangstreitwert nach § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG in Höhe von 8.000,-- DM aus. Dabei wird neben dem materiellen Wert der betroffenen Hunde vor allem der ideelle Wert einer unbeeinträchtigten Hundehaltung berücksichtigt, um deren Durchsetzung es den Antragstellern geht. Dem daraus resultierenden Einzelstreitwert von 4.000,-- DM je betroffenen Hund wird für die Halter zweier Hunde, die Antragsteller zu 6., 7. und 10, ein weiterer Betrag von jeweils 4.000,-- DM hinzugerechnet, bei dem als Hundezüchter tätigen Antragsteller zu 8. wird der Einzelstreitwert von 4.000,-- DM auf 12.000,-- DM verdreifacht. Daraus ergibt sich der festgesetzte Gesamtstreitwert von 104.000,-- DM, von dem 12.000,-- DM (je 3/26) auf den Antragsteller zu 8., je 8.000,-- DM (je 2/26) auf die Antragsteller zu 6., zu 7. und zu 10. sowie je 4.000,-- DM (je 1/26) auf die übrigen Antragsteller entfallen.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 25 Abs. 2 Satz 3 GKG).

Ende der Entscheidung

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